Die Errettung der Novizin

Aus Herzogtum Vexin
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Die Errettung der Novizin

Es war zu Zeiten des Guerre de la Régente als durch die darin entstehenden Unsicherheiten auch Gesindel und umherziehendes Volk aufgebracht und von Hunger und Aufwieglern empört wurden sich gegen die sophiengewollte Ordnung zu stellen. So kam es, dass es beim Monastaire zu Valderet im Fief Cotentin zu einer Schlacht kam, in dem die ungezügelten Horden auf eine geringe Zahl ehrbarer Ritter trafen. Bis hinter die starken Mauern des Monastaire hörte man das Klirren der Waffen, das Stöhnen der Sterbenden und das Wiehern der Rösser. Die Bewohner des Klosters fürchteten sich sehr. Und so beschlossen diese die Kostbarkeiten des Klosters zusammenzunehmen, in Richtung der Burg des Seigneuers de Cotentin zu fliehen und sich unter seinen Schutz zu unterstellen. Jedoch blieb eine junge Novizin zurück, da sie darauf bestand, dass allein der Schutz der Heiligen ausreichend sei, um gegen die Unbillen des Krieges zu bestehen. Und so lebte sie dort ihr frommes Leben weiter, hielt die Gebäude sauber und reinlich und fastete und betete zur Heiligen.

Doch der Krieg sollte nicht am Monastaire vorbeiziehen und als die Novizin eines Morgens zur Heiligen in der Kirche betete erscholl lauter Lärm vor dem Tor und Fäuste schlugen an das Holz, das unter dem Ansturm erzitterte. Die Novizin floh gerade noch rechtzeitig in das Dunkel der Krypta, bevor das Tor aufbrach. In Furcht erflehte die Novizin Schutz von der Heiligen und als sie schon hörte, wie frevelndes Volk in die Kirche eindrang wurde die Krypta plötzlich in helles doch sanft wärmendes Licht getaucht. Vor der jungen Novizin stand eine Frauengestalt von großer Schönheit und weisem Antlitz und das goldenes Licht strahlte von der Krone auf ihrem Haupt. Sie winkte der jungen Frau und führte sie durch den Gang tiefer in die Krypta zu einer Mauer gegen die sie ihre Hand legte. Und dort teilten sich die Steine wundersam und gaben den Weg frei der unter den Felsen des Grundes hindurchführte. Die Novizin folgte der Frau, die die Jungfrau als die Heilige selbst zu erkennen meinte, doch nicht wagte sie anzusprechen.

Hinter ihnen schloß sich die Mauer wieder. Doch vor ihr tat sich ein unterirdisches Reich auf, dessen Wände vor blinkenden Edelsteinen in allen Farben des Regenbogens und leuchtenden Erzadern erstrahlten. Und die sagenhaften Tiefen arbeiteten dort, kleingewachsen und doch kraftvoll an Gestalt, das Erz zu schürfen und die edlen Steine zu bergen. Doch vor der himmlischen Gestalt zogen sie ihre Mützen und verbeugten sich, als diese vorüberschritt und segnend ihre Hände hob und die Novizin ihr folgte.

Sie gingen einen langen Weg, der der Novizin noch vielerlei erstaunliche Dinge zeigte und ihr wie eine Stunde lang zu dauern schien, bis Tageslicht in den Gang schien und sie wieder hinaufgeleitet wurde aus dem unterirdischen Reich. Die leuchtende Frauengestalt wies mit der Hand nach oben hinaufzusteigen, was die Novizin tat und dort in helles Sonnenlicht blinzelte, das durch eine Türe fiel. Doch als sie sich umdrehte war ihre Führerin verschwunden und hinter ihr eine feste Felswand ohne die kleinste Spalte. Sie trat aus dem Keller, in dem sie angekommen war und schaute sich auf einem Hof um, der in einer Ein-Tages-Reise weit vom Monastaire entfernten Burg lag. Und verwundert schauten sie Menschen an, die die plötzlich in ihrer Mitte stehende junge Frau in der Ordenstracht nicht kannten. Doch als sie ihnen erzählte, was ihr geschehen war, hob man an die Heilige zu preisen und errichteten einen Schrein ihr zu ehren, der noch heute an die erstaunliche Rettung der frommen Novizin erinnerte.