Hochzeitsumhänge

Aus Herzogtum Vexin
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Der Manteau des Vierges und der Manteau d'Écusson

Auch wenn Hochzeitszeremonien im Vexin nicht im Detail geregelt sind, gibt es während einer Hochzeit unter Adligen einen festen Brauch, der nicht wegzudenken ist: Die Hochzeitsumhänge. Es gibt zwei Formen des Hochzeitsumhangs, den Jungfernmantel (Manteau des Vierges) und den Wappenumhang (Manteau d'Écusson).


Manteau des Vierges

Eine Dame, die zum ersten Mal verheiratet wird, trägt am Morgen der Hochzeit einen Manteau des Vierges. Dieser Umhang ist aus weißem Stoff gefertigt und meistens unverziert. Reiche oder alte Familien nutzen hierzu alte Familienerbstücke oder lassen prachtvolle neue Umhänge aus edlen Tuchen fertigen. Verzierungen sind zwar nicht die Regel, können aber reich ausfallen: Weiße Perlen, Bänder und gestickte Bordüren in Silber und Weiß. Wichtig ist nur, daß der Umhang hauptsächlich weiß ist. Nachdem das Brautpaar ihre Schwüre ausgetauscht hat, wird der Braut ihr Umhang abgenommen (entweder durch einen männlichen Verwandten, oder durch ihren Lehnsherrn). Dies symbolisiert den Wechsel im Status der Dame. Sie ist nicht länger ein junges Mädchen, eine Mademoiselle. Sie ist in den Augen der Gesellschaft eine erwachsene Frau, eine Madame.


Manteau d'Ecusson

Der Bräutigam erscheint zur Hochzeit mit einem Manteu d'Écusson. Diese Wappenmäntel sind fast immer Erbstücke, die seit mehreren Generationen genutzt werden. Diese Umhänge werden nur ersetzt, wenn sie verloren gehen oder die Zeichen der Abnutzung nicht mehr reparabel sind. Der Umhang selbst zeigt das Wappen des Bräutigams und ist für gewöhnlich prunkvoll verziert. Sobald der Braut ihr Umhang abgenommen wird, löst der Bräutigam seinen Umhang, tritt hinter die Braut und legt ihr seinen Wappenumhang um die Schultern. Durch diese Handlung wechselt die Familienzugehörigkeit der Braut in den Augen der Zeugen. Sie ist ab sofort Teil der Familie des Bräutigams und untersteht seiner Fürsorge und seinem Schutz.

Nach der Hochzeit steht der Wappenumhang der Braut zur Verfügung. Er gehört nicht zu ihrem Besitz, aber solange sie lebt und die Ehe rechtskräftig ist, darf nur sie ihn tragen. Der Mantel ist ein sichtbares Statussymbol, der allen zeigt, daß die Dame zum Haus ihre Gatten gehört. Entsprechend wird dieser Umhang nur bei wichtigen Anlässen getragen, bei denen es im Interesse der Familie ist, den Status der Dame zu zeigen. Dazu gehören Gerichtstage und Parlements, aber auch die Einführung am Hof eines anderen Adligen, z.B. bei der Begrüßung durch den Hausherrn. Es gilt als schlechte Form, den Umhang zu trivialen Anlässen zu tragen. Er ist zu wertvoll, um dem Wetter ausgesetzt zu werden, und meist zu warm und unpraktisch, um ihn dauerhaft in feiner Gesellschaft zu tragen.

Natürlich ist es in Familien mit mehreren Söhnen nicht möglich, immer den selben Wappenumhang zu übergeben. Eine Familie mit drei Söhnen braucht zum Beispiel vier Umhänge, solange deren Mutter noch am leben ist. Aus dieser Notwendigkeit heraus gibt es mehrere Wappenumhänge, die weiter vererbt werden. Die schönsten oder geschichtsträchtigsten Exemplare können durchaus auch zu Familienstreitigkeiten führen, etwa wenn zwei Söhne den selben Umhang für sich beanspruchen.


Sonderfälle: Witwen, Erbinnen und Rangunterschiede

Die Hochzeitsbräuche um die Umhänge sind natürlich nicht ohne Sonderfälle. So wird der Manteau des Vierges nur von jungfräulichen Bräuten getragen, also üblicherweise bei der ersten Eheschließung. Ist die Braut bereits verheiratet gewesen, tritt sie in ihrem Familienwappen vor die Priesterin. Ist sie eine Erbin, trägt sie das Wappen ihrer Ländereien (und damit ihres verstorbenen Mannes). Hat sie keine Erbansprüche auf die Ländereien ihres verstorbenen Mannes, zeigt ihr Umhang das Wappen ihres Vaters. Das Ablegen des Umhang zeugt nicht mehr von ihrer Anerkennung als erwachsene Frau, sondern zeigt an, daß sie ihre alte Familie verlässt, um einer neuen Familie anzugehören.

Wenn die Braut ranghöher ist als der Bräutigam oder beide Familien eine Teilung der Wappen vereinbart haben, wird auf dem Manteu d'Écusson des Mannes auf der linken Seite des Halsausschnitts das Wappen der Braut aufgenäht. Die Platzierung auf der linken Seite ist wichtig, denn die rechte Seite, die „Schwertseite“, gebührt dem Bräutigam als Beschützer seiner Braut. In den letzten Jahren ist es in Mode gekommen, statt dem Brautwappen das geteilte Wappen beider Ehepartner auf den Wappenumhang zu nähen. Traditionalisten und die Kirche verurteilen diese Mode als neumodische Prunk- und Geltungssucht, trotzdem wird diese Mode immer beliebter.

Ein weiterer Sonderfall ist die Heirat eines rangniederen Mannes mit einer reichen Erbin, also Fälle, in denen der Mann das Wappen der Braut annimmt und in ihre Familie wechselt. In diesem Fall treten beide Brautleute in ihrem Wappenumhang vor die Priesterin. Als erstes nimmt der Bräutigam seinen Umhang ab und gibt ihn seinem Vater oder seinem Lehnsherrn. Damit trennt er sich symbolisch von seinem Namen und eventuell auch seiner direkten Dienstverpflichtung. Danach legt ihm die Braut ihren Umhang um die Schultern, um ihn in ihre Familie aufzunehmen. Als letztes nimmt der Bräutigam ihren Umhang, um ihn wiederum der Braut anzulegen, um sie in seinen Schutz aufzunehmen.


Fille sans Manteau

Ein sehr seltener Fall ist das Mädchen ohne Umhang, Fille sans Manteau. Tritt eine Dame zum ersten Mal vor die Priesterin, ist aber keine Jungfrau mehr, kommt sie ohne Umhang zur Zeremonie. Dies wird als Zeichen der Schande gesehen, die sie über ihre Familie gebracht hat. Der Umhang des Bräutigams nimmt diesen Makel von ihr, da er sie trotzdem annimmt. Dieser Fall ist deshalb selten, da beide Familien ihr möglichstes tun, um diesem schändlichen Schauspiel zu umgehen. Meist wird dies durch geheime Klauseln im Ehevertrag geregelt, die eine höhere Mitgift für die Verschwiegenheit der anderen Seite vorsehen. Ist die Schande der Dame allerdings bekannt, hilft auch das nichts, denn eine Dame, die trotz bekannter Schande in einem weißen Umhang zur Hochzeit erscheint, hat ihren Ruf gründlich verspielt.